Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung |
2 Begriffsdefinitionen |
3 Entwicklungsgeschichte der Pendeluhren |
3.1 Industrie Uhrwerke |
4 Betrachtete Uhrwerke |
4.1 Wort-/ Bildmarken auf den Uhrwerken |
4.2 Häufigkeit der einzelnen Wort-/ Bildmarken |
5 Pendel |
5.1 Allgemeine Definition des Pendels |
5.2 Uhrenpendel |
5.3 Definitionen der Pendellänge |
5.4 Definitionen der Pendellänge der Hersteller |
5.5 Vergleich der definierten Längen |
5.6 Messung der Pendellänge |
5.7 Wortmarken für die Pendellänge |
6 Schwingung |
6.1 Definition der Schwingung |
6.2 Schwingungsdauer |
6.3 Schwingungszahl |
6.4 Schwingungszahl des Uhrwerks |
6.5 Wortmarken für die Schwingungszahl |
7 Schwingungszahl und Pendellänge |
7.1 Ermittlung der Herstellerdefinition für die Pendellänge |
8 Amplitude |
9 Hemmungsrad |
9.1 Wortmarken für die Zähnezahl des Hemmungsrades |
10 Patent und Gebrauchsmuster |
10.1 DRP - Deutsches Reichspatent |
10.2 DRGM- Deutsches Reichsgebrauchsmuster |
10.3 Wortmarken für Patente und Gebrauchsmuster |
11 Qualität |
11.1 Uhrenqualität während des I. Weltkrieges |
11.2 Wortmarken für Qualität |
12 Firmenmarken, Produktmarken |
13 Seriennummern, Chargennummern |
13.1 Seriennummer |
13.2 Wortmarken für Seriennummern |
13.3 Chargennummer |
13.4 Wortmarken für Chargennummern |
14 Schlagwerk |
15 Anhang |
15.1 Zusammenhang Gangabweichung und Amplitude |
15.2 Zusammenhang Pendellänge und Gangabweichung |
16 Literaturverzeichnis |
17 Stichwortverzeichnis |
1 Einleitung
Uhrenliebhaber, die Uhren sammeln oder reparieren, sind im Allgemeinen Autodidakten, die sich ihre Bildung in der Geschichte der Uhren und ihre Fertigkeiten in der Technik selbst aneignen. Diese Möglichkeit der Wissensaneignung zieht sich über einen längeren Zeitraum hin und endet wahrscheinlich nie. Uhrenbastler können eine Uhr in seine Einzelteile zerlegen und wieder zusammenbauen, sie wissen Bescheid welches Rad und welcher Hebel sich bewegen muss, um eine Aktion auszulösen. Sie finden die Ursache für das Fehlverhalten einer Uhr und bringen die Uhr wieder zum Gehen. Anfangs wird die Reparatur durchgeführt ohne dass die Namen der Uhrenkomponenten, die aus- und eingebaut werden, geläufig sind. Erst allmählich macht er sich bei der Basteltätigkeit mit den Bezeichnungen vertraut. Irgendwann erfolgt die Beschäftigung mit den Eigenschaften des Pendels und der Leistungsfähigkeit der Hemmung. Neben der praktischen Tätigkeit ergeben sich auch theoretische Überlegungen. Das Verständnis für Aufbau und Funktion einer Uhr wächst. Er stellt auch fest, dass die Uhrwerke der verschiedenen Hersteller, in der Zeit der Industrieproduktion, in ihrer äußeren Gestaltung sehr ähnlich sind. Der Grund dafür ist wohl, dass diese Uhrwerke in einem langen technischen Entwicklungsprozess als optimale Lösung entstanden sind und sich dementsprechend zwangsläufig in ihrer Konstruktion gleichen.
Sein Interesse gilt deshalb den Buchstaben- und Ziffernfolgen sowie graphischen Gestaltungselementen, welche auf der Rückseite der hinteren und teilweise auch auf der vorderen Werkplatine zu finden sind. Gleichermaßen gibt es diese, wenn auch in geringerem Umfang, auf Pendeln, Zifferblättern, Uhrengehäusen und Uhrwerksträgern. Der Umfang der Beschriftungen und Gravuren auf Uhren ist von Hersteller zu Hersteller verschieden. Eine Normung fehlt. Man findet Uhren mit vielen Markierungen, aber auch welche ohne jegliche Beschriftung. Für Art der Markierung und deren Bedeutung gibt es keine einheitliche Vorgabe durch eine übergeordnete Instanz. Jeder Hersteller hat für sich entschieden, was ihm wichtig ist und unterscheidet sich damit von anderen Herstellern. Bis Mitte des 19. Jhd. findet man auf Uhrwerken Handgravuren mit dem Namen des Meisters, d. h. des Uhrmachers, der die Uhr maßgeblich gefertigt hat und manchmal auch den Herstellungsort. Die Massenprodukte des Industriezeitalters können bei der Fertigung keinem einzelnen Meister zugeordnet werden und auch der Herstellungsort ist nur interessant, wenn es mehrere Produktionsstätten in mehreren Ländern gab. Das vorliegende Buch versucht, Auskunft über die Bedeutung von Buchstaben, Ziffern und graphischen Gestaltungselementen auf Uhrwerken zu geben. Einige der Beschriftungen und Gravuren werden dem Uhrenbastler oder Uhrenliebhaber, bereits bekannt sein, wie z. B. die Firmenzeichen (Firmenlogo), die in der Literatur ausführlich dokumentiert sind. Sein besonderes Interesse ergibt sich aus der Neugierde für unbekannte Beschriftungen, die einen erstaunlichen Einblick in die Geschichte der Uhrentechnik und seiner Entwicklung geben. Der praktische Nutzen bei der Instandhaltung von Uhren hält sich dagegen in Grenzen. Die Bestimmung der Pendellänge bei fehlendem Pendel und der Ersatz eines defekten Uhrwerks durch ein Gleichwertiges sind beispielsweise möglich. Auch das ungefähre Baujahr eines Uhrwerks kann man eingrenzen.
Das Buch erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es wurde keine systematische Erhebung der diesbezüglichen Daten durch Studium der Technikgeschichte der einzelnen deutschen Uhrenhersteller durchgeführt. Die hier angewandte Methode besteht in der Auswertung einer Stichprobe von willkürlich ausgewählten Uhren bzw. Uhrwerken. Dazu wurden die sich auf den Uhrwerken befindlichen Buchstaben, Ziffern und graphischen Gestaltungselementen nach Kategorien sortiert und zwar nach ihren herstellungs-/ herstellerbezogenen und ihren technischen, konstruktiven Eigenschaften. Es zeigt sich, dass die Bedeutungen der Buchstaben und Ziffern, die für die technischen Merkmale stehen und herstellerneutral sind, ziemlich gut nachvollziehbar sind. Weniger Informationen findet man über Eigenschaften, die den Hersteller, beziehungsweise die Herstellung betreffen. Abgesehen von Firmenlogos, die gut dokumentiert sind, bleiben einzelne Buchstaben und Ziffern unklar.
Einige Aussagen dieses Buches konnten nicht mit letzter Sicherheit verifiziert werden, sodass der Autor trotz aller Plausibilitätskontrollen die Möglichkeit fehlerhafter Interpretationen nicht ausschließt.
2 Begriffsdefinitionen
Dieses Buch beschäftigt sich mit der Bedeutung von Wort- und Bildmarken, die man auf dem Uhrwerk und sonstigen Uhrenteilen entdecken kann. Unter Wortmarke versteht man dabei einen Schriftzug, der ausschließlich aus Buchstaben oder Ziffern ohne jegliche grafische Ausgestaltung besteht. Eine Bildmarke ist eine Grafik, die ausschließlich aus grafischen Gestaltungselementen ohne Buchstaben und Ziffern besteht. Die Wort-und Bildmarke ist eine Kombination aus beiden und beinhaltet sowohl Buchstaben oder Ziffern einerseits sowie grafische Gestaltungselemente andererseits. Wort- und Bildmarken können verschiedene Bedeutung haben. Sie zeigen Firmenmarken (Herstellerlogo), Fabrikmarken, Produktmarken, Handelsmarken usw., aber auch technische Daten. Von den vielen möglichen Bezeichnungen werden im Weiteren nur wenige benutzt, Diese sind wie folgt definiert. Firmenmarke: Erkennungszeichen eines Unternehmens (z. B. Stern mit Inschrift der Firma Junghans). Produktmarke: Erkennungszeichen eines Produkts eines Unternehmens (z. B. gekreuzte Pfeile der Firma H.A.U.). In vielen Fällen wird die Firmenmarke auch als Produktmarke verwendet (z. B. Firmenzeichen von Junghans). Für den Begriff Produktmarke findet man auch die Namen Fabrikmarke oder Herstellermarke (Trademark). Handelsmarke: Erkennungszeichen eines Produkts, das ein Händler vertreibt, ohne dass es von ihm hergestellt wird. Z. B. haben die großen Uhrenfabriken wie Junghans und H.A.U Uhrwerke ohne Firmenzeichen und Produktmarken an Uhrenhersteller geliefert, die diese in die von ihnen gefertigten Uhrengehäuse eingebaut haben.
3 Entwicklungsgeschichte der Pendeluhren
Aufbau und Funktion aller industriell gefertigten Pendeluhren sind gleich. Das mechanische Uhrwerk gliedert sich in die Baugruppen:
- Antrieb
- Räderwerk
- Zeigerwerk
- Hemmung
- Schwingsystem
Bei der Hemmung handelt es sich fast immer um eine Ankerhemmung. Unter Schwingsystem ist ein Pendel zu verstehen, das im Schwerefeld der Erde schwingt. Die Funktion der Uhr ist, die Zeit in möglichst genau gleiche Zeitabschnitte zu unterteilen, diese Zeitabschnitte aufzuaddieren und auf einem Zifferblatt anzuzeigen. Der Vorläufer einer Uhr mit diesen Merkmalen ist mit den Namen Galilei, Huygens, Hooke und Clement verbunden. Huygens konstruierte 1657 die erste Pendeluhr. Er löste damit das seit dem 13. Jhd. bekannte Schwingsystem, die Waag ab. Abbildung 3.1 zeigt sowohl eine Uhr mit Waag als auch eine mit Pendel. Die Pendeluhr von Huygens besaß wie ihre Vorgängeruhr noch eine Spindelhemmung. 1680 ersetzte William Clement (sie wurde evtl. von Robert Hooke bereits davor erfunden) die Spindelhemmung durch die Hakenhemmung. In den folgenden Jahren wurde aufbauend auf der Hakenhemmung eine Vielzahl weiterer Hemmungen erfunden, u. a. die Graham Hemmung,
3.1 Industrie Uhrwerke
Ab ca. 1860 begannen die ersten Firmen im Schwarzwald aber auch in Schlesien mit der fabrikmäßigen Herstellung von Uhren. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits verschiedene Uhrentypen mit unterschiedlichen Uhrwerkskonstruktionen auf dem Markt. Als typische Vertreter dieser Uhren sind zu nennen:
- Schwarzwalduhren
- Amerikaneruhren
- Französische Pendulen
In Deutschland wurden im Schwarzwald seit dem 18.Jhd. die Schwarzwälder-Uhren von einer Vielzahl von hausgewerblich arbeitenden Uhrmachern gefertigt, unterstützt von Produzenten für spezielle Uhrenkomponenten. Die Uhren sind gekennzeichnet durch ein Uhrwerk, das ursprünglich ganz aus Holz war, später aber mit Rädern aus Metall und hölzernen Werkplatinen ausgestattet wurde. Bis ca. 1900 konnte sich die Holzuhr noch auf dem Markt behaupten, dann war sie nicht mehr konkurrenzfähig gegenüber den Uhren mit Werken aus Metall.
In Amerika gab es bereits vor 1860 mehrere Hersteller, die industriell Uhren fertigten. Darunter sind bekannte Namen wie Seth Thomas, Ansonia, Waterbury, New Haven Clock Co. Den entscheidenden Impuls zur Massenfertigung von billigen und für jedermann erschwinglichen Uhren gab Chauncey Jerome bereits 1838 mit der Entwicklung eines 30 h Uhrwerks aus Messing. Ab ca. 1845 fertigte er Uhren am Fließband nach einer Methode, die heute selbstverständlich ist, damals jedoch im Uhrenbau noch neu war und in Deutschland „Fertigung nach amerikanischem Prinzip“ hieß. Unter dieser Methode versteht man die Fertigung von großen Mengen gleicher Produkte bestehend aus standardisierten und austauschbaren Teilen mittels Maschinen und dem Einsatz von angelernten Arbeitskräften. Die Uhrwerkskonstruktion mit den durchbrochenen Werkplatinen, Laternentrieben, gestanzten Rädern und offenen Federn sowie der Anordnung der Räder und Hebel vor und zwischen den Werkplatinen war neuartig. In Deutschland wurden diese Uhrwerke als Amerikanerwerke bezeichnet.
In Frankreich wurden bereits um 1800 Metalluhren in großen Stückzahlen gefertigt. Ein Hersteller war Japy Freres & Cie, der u. a. Pendulenwerke in Massivausführung produzierte. „Massiv“ nennt man Uhrwerke, bei denen die Werkplatinen aus relativ dicken, also massiven, vollständigen Messingplatten ohne Durchbrüche bestehen. Weitere wichtige Teile wie Triebe sind aus dem Vollen gearbeitet. Das wesentliche Kriterium bei der Herstellung von Massivuhrwerken war eine hohe Güte in allen Konstruktionsdetails wie Materialeinsatz und Funktionalität.
Die Gründerväter der deutschen Uhrenfabriken mussten sich entscheiden, welcher Uhrwerkstyp produziert werden sollte. Langfristig war dies Existenz entscheidend.
- Schottenwerk (Holzuhr)
- Werk nach amerikanischem Vorbild
- Massivwerk
Obwohl anfangs von einigen Firmen noch Schwarzwalduhren mit Schottenwerken gebaut wurden, war bereits damals klar, dass dem günstig produzierten Metalluhrwerk die Zukunft gehört. Die Entscheidung war deshalb zwischen dem Werk nach amerikanischem Vorbild und dem Massivwerk zu treffen. Es gab eine Reihe von Herstellern (Lenzkirch, Carl Werner, Lorenz Furtwängler usw.), die in ihren Uhren nur Massivwerke einsetzten. Andere Hersteller haben konsequent auf das Potential der amerikanischen Produktions- und Konstruktionsweise gesetzt (Junghans, H.A.U, Mauthe, Union Clock Co. usw.). Es gab aber auch Hersteller, die sowohl Werke nach amerikanischem Vorbild als auch Massivwerke bauten (Gustav Becker, Kienzle).
Die Uhrwerke, wie sie um 1860 verfügbar waren, wurden aufgrund des technischen Fortschritts und
hinsichtlich der
verwendeten Materialien weiterentwickelt. 1930 war die Entwicklung weitgehend abgeschlossen. Zu
diesem Zeitpunkt
hatte die industrielle Fertigung von Pendeluhren ihren Zenit überschritten.
Auch heute im 21. Jhd. werden noch Pendeluhren nach alten Vorbildern hergestellt, aber nur in
begrenztem Rahmen.
Wer sich mit Pendeluhren aus der Zeit von 1860 bis zu Beginn des 2.Weltkriegs beschäftigt, stößt auf Uhrwerke, wie sie nachfolgend beispielhaft beschrieben sind.
MassivuhrwerkAbbildung 3.2 zeigt ein Schwarzwälder Massivuhrwerk, für dessen Konstruktion ein französisches Uhrwerk von Japy Freres Vorbild war. Man findet es baugleich 1850 als auch 1930.
Abbildung 3.3 zeigt ein Uhrwerk der Firma Junghans von ca. 1875, das nahezu 1:1 einem amerikanischen Uhrwerk entspricht. Dieses Uhrwerk findet man z. B. in einer sogenannten Ogee Uhr von Junghans.
Abbildung 3.4 zeigt ein Uhrwerk von Junghans aus dem Jahre 1988-1890. Man findet wesentliche konstruktive Veränderungen gegenüber dem amerikanischen Vorbild. Das Hemmungsrad wurde zwischen die beiden Werkplatinen verschoben, es gibt eine eigene Schlossscheibe, die nicht mehr zusätzlich die Funktion eines Zahnrades übernimmt. Die Gabel ist an der Ankerwelle befestigt und nicht am Blechanker usw.
Ab ca. 1900 kommt ein neues Uhrwerk zum Einsatz, das als Neukonstruktion zu betrachten ist. Es nimmt Anleihen sowohl vom Massivuhrwerk als auch vom Amerikanerwerk. Die Federn sind in Federhäuser eingebaut, die Werkplatinen sind durchbrochen (siehe Abbildung 3.5)
4 Betrachtete Uhrwerke
Betrachtet wird eine Anzahl von Uhrwerken, die willkürlich ausgewählt wurden. Es sind Uhrwerke von
Uhrentypen wie
Tischuhr, Wanduhr, Regulator, Freischwinger, sowohl mit Feder- als auch Gewichtsantrieb. Sie sind
von mehreren
bekannten und unbekannten Herstellern und stellen typische Produkte des Industriezeitalters dar.
Abbildung 4.1 zeigt eine Übersicht über die Herstellerfirmen der betrachteten Uhrwerke. Demnach
wurden Uhrwerke von
16 bekannten Uhrenherstellern in die Untersuchung einbezogen. Dazu kommt die Herstellerfirma, die in
der Abbildung
mit „Unbekannt“ beschriftet ist. Dahinter verbergen sich verschiedene Hersteller, die teilweise zu
den 16 bekannten
Uhrenherstellern gehören. Insgesamt wurden 126 Uhrwerke bezüglich ihrer Markierungen ausgewertet.